Neubauer antwortet auf die Frage: “Helfen die radikaleren Aktionen dem Klimaschutz überhaupt oder schaden sie ihm?”
Das Ziel laut “Letzte Generation” (Minute 13:30): “Wir gewinnen, sobald die Polizei überläuft. Da wird es eng für den Staat” Laut Studie von SWR: 85% der deutschen Bevölkerung lehnen die Methoden der “Letzten Generation” ab. Die Hoffnung auf den Überlauf scheint sehr viel Wunschdenken zu sein und die Wirkung ihrer Taten zu ignorieren. Stattdessen kannibalisieren sie Fridays For Future in den Medien
Ich glaube, dass Neubauer der Umweltbewegung schadet. Was soll denn diese Grütze? Kann man nicht einfach mal zusammenarbeiten, statt sich zu spalten? Außerdem kotzt es mich an, dass Neubauer im Interview von Gefühlen redet. Hier geht es nicht um Gefühle, hier geht es um harte Fakten. Nach meiner Auffassung sollte Neubauer einfach gehen. - Zur Polizei. Es ist ausgeschlossen, dass die Polizei überwechselt. Das wird nur vereinzelt passieren, nicht in der Masse. Klar sagt man in der Revolutionstheorie, dass man gewinnt, wenn die Exekutive überwechselt, aber sowas ist ausgeschlossen. Das ist letztendlich eine Frage der Macht. Der Widerstand müsste so groß werden, dass der Machtapparat zusammenbricht. Aber hey, wir reden hier auch von Deutschland. Also rechne ich eher mit einem Anstieg des Verkaufs von Bahnsteigtickets.
für andere Leser als Kontext: Fridays For Future gibt es seit längerer Zeit und hat die Klimabewegung vorangetrieben und weltweit populär gemacht. Letzte Generation entstand Anfang 2022 (Gründung 2021) und verbündete sich nicht FFF oder trat ihr nicht bei, sondern spaltete sich von der Bewegung ab, um radikale Methoden unabgestimmt mit FFF durchzuführen.
Die LG ist ja, meine ich, mitunter entstanden weil sie der Meinung sind, dass der Protest von FfF zwar gut ist aber eben nichts bzw zu wenig verändert hat. Die LG ist (deshalb) der Meinung, dass nur Ziviler Ungehorsam ein Umdenken in der Politik und Bevölkerung vorantreibt. Die Meinungen dazu sind gespalten. Kann man von mir aus so und so sehen. Aber klar ist, dass Neubauer mit so einer Aussage den LG Kritikern auf jedem Fall einen Gefallen tut in ihrer Argumentation. Finde ich persönlich schade. Ist aber leider schon immer ein Problem Linker/Alternativer Strukturen. Diskurs ist wichtig aber oftmals wird sich damit am Ende ins eigene Bein geschossen. Da haben es Rechte/AfD Strukturen natürlich mit ihrer s/w und “alle anderen sind das Problem” Politik einfacher.
LG kritisiert FFF fürs Nichts-erreichen (was faktisch eine Lüge ist) oder zu wenig erreicht. LG hat bisher hingegen faktisch nichts klima-relevantes erreicht, obwohl sie schon mehr als 1 Jahr diese Methoden anwenden. Stattdessen stärkt sie die Klimagegner mit mehr und einfacherem Zündstoff, während Klimaschützer verprellt werden. Sie schwächen die Errungenschaften der FFF. Sie haben erreicht, dass die Gesellschaft mit Protestgesetzen abgelenkt wird. Politiker sich mit Protestgesetzen profilieren statt Klimagesetzen. Das war unter FFF Bewegung anders. Die Grünen sind unter ihrem Schatten aufgestiegen und haben sich im Wahlkampf mit Klimagesetzen profiliert. Unter LG distanzieren sich hingegen die meisten Politiker bei Klimaschutz und müssen vorsichtig in der Sprache sein.
LG Kritikern einen gefallen zu tun ist nun nicht besonders kritisch, wenn 85% der deutschen Bevölkerung LG Kritiker sind (Quelle: repräsentative Umfrage von SWR aufgegeben).
Ich verstehe durchaus was du meinst aber denke es gibt auch noch einen anderen Blickwinkel. Natürlich hat FfF etwas erreicht - aber halt nicht genug. Und gerade während Corona ist der Blickpunkt auf die Klimakrise wieder total verloren gegangen. (Dafür kann FfF natürlich in diesem sehr speziellen Falle nichts.) Zuletzt, als sich das Thema Corona so langsam dem Ende zugeneigt hat, war der Fokus der Medien auf FfF und die Klimakrise verloren gegangen. Und die LG hat wieder neuen Fokus und neue Diskussion darüber entfacht. Ja. Natürlich wird gefühlt mehr über die Protestform geredet als über das Problem Ansich. Dem ist sich die LG laut eigenen Aussagen aber auch bewusst. Genauso wie sie sich bewusst ist Starftaten (Zivilen Ungehorsam) zu begehen und ihre Strafen (Geldstrafen, U-Haft oder Präventionshaft) absitzt. Kalkuliert. Denn sie wird (wieder laut eigenen Aussagen) so lange weitermachen bis ein Umdenken passiert und somit endlich wirklich etwas passiert um den Klimawandel und all seine Folgen zu stoppen. Und die LG stützt sich hierbei auf Studien die besagen das solch ein Widerstand etwas bewirken kann, dass es irgendwann in der breiten Bevölkerung kippt von der Meinung “die Nerven” zu “die machen das jetzt so lange und konsequent (und fordern ja eigentlich so wenig) - da muss ja was dran sein.”
Die LG tut weh. FfF dagegen ist eine wohlfühl-gegenbewegung. “Guck Mal, die Schulkinder gehen Freitags nicht in die Schule sondern auf die Straße, da tut sich ja was, die Regeln das schon - wird schon alles…”
Hast du diese zufällig zur Hand? Mich beschäftigtrdie Frage “wie geht effektiver Protest?” schon lange, daher nehme ich gerne neue Quellen auf. Ich habe mir noch kein abschließendes Urteil bilden können, aber bisher sieht es nach meiner Quellenlage kurz gesagt tendenziell eher so aus, dass der Zuspruch bzw. die Unterstützung in der Bevölkerung umso geringer ist, je radikaler bzw. extremer die Proteste sind. “Man will/kann sich nicht länger mit der Protestbewegung idtntifizieren.” Dahingegen scheint Networking (auch “Lobbyismus” mit Personen in hohen oder hilfreichen Positionen), Gründung politischer Parteien oder Interessensverbünde kombiniert mit moderatem Protest größere Wirkung zu erzielen.
Radical flanks of social movements can increase support for moderate factions
Dann bringt es aber nichts, auf FFF rumzuhacken; die erfüllen nämlich genau ihre Rolle: Sich als moderate Alternative zu den Radikalen anzupreisen und dadurch ihre (moderaten) Ziele durchzusetzen. Ziele, die den Radikalen natürlich zu zahm sind, aber in einem anderen Umfeld eben selbst als (zu) radikal gelten würden.
Achne. Aber FfF sollte auch nicht auf der LG rumhacken. Beide wollen das gleiche Ziel mit unterschiedlichen Methoden erreichen und profitieren von der Existenz des jeweils anderen. Man sollte sich halt nicht von extern spalten lassen.
Nicht direkt eine Studie, aber das wurde zumindest unter einem der Podcasts verlinkt den ich zum Thema LG gehört habe: https://rebellion.global/de/blog/2020/11/03/civil-disobedience-examples/
Hier gibts vllt auch was zum Thema: https://letztegeneration.org/ziviler-widerstand/
Falls mir noch was einfällt reiche ich’s nach…
rebellion.global für disobedience Quelle zu nutzen ist ja mal wie Nestlé für Wasser als kein Menschenrecht als Quelle zu nutzen.
Hast du dir den Link angeschaut? Es werden letztlich einfach nur Fälle aufgelistet in denen ziviler Wiederstand funktioniert hat. Aber ja, die Sache mit Ghandi und so ist bestimmt Fakenews
Was hat FFF denn konkret erreicht? Welche konkreten Verbesserungen wurden beschlossen wegen FFF?
Ist der Auftrieb der Grünen wirklich durch sie bedingt, oder lag es vielleicht auch daran, dass 2018-2021 extrem heiße und trockene Jahre waren, sodass außerhalb der Fokus Kommentarspalte die Leute langsam merkten, dass am Klimwandel was dran ist?
Genauso wie FFF Auftrieb für die Grünen verschafft haben soll, kann man argumentieren, dass sie Auftrieb für die FDP geschaffen haben, weil Neubauer regelmäßig in Talkshows und auch separat mit Lindner geredet hat und mit ihrem Ansatz der FDP eine Bühne geboten hat. Auf dieser Bühne konnte Lindner dann unhinterfragt und uneingeordnet Märchen über die FDP als vermeintliche Klimaschutzpartei erzählen.
Durch Neubauer als Führungsperson der Bewegung in der medialen Wahrnehmung hat sich FFF an die etablierte Politik angeschlossen und ist genauso Teil des Zirkus geworden, ohne Teil einer Lösung zu sein.
Die bessere Frage wäre: Was hat FFF nach einem Jahr bestehen erreicht? Damals war die komplette Berichterstattung davon dominiert, dass Kinder es wagen Freitag die Schule zu schwänzen. Mal abgesehen davon, dass FFF das auch mal wieder durchziehen könnten, wenn sie wieder relevant sein wollen. Die veranstalten doch kaum noch Demos. Für diese Woche steht bisher genau eine auf dem Plan: 16 Uhr in Freiburg.
Gefühlt ist es tatsächlich so, dass die weniger Demos veranstalten. Kann sein, muss aber nicht. Ich kenne die Zahlen nicht. Aber generell ist es schon ein Problem, dass FfF nicht mehr so bissig ist wie sie es vorher mal waren. Also vorher waren die wenigstens kleine Dackel, jetzt sind die nur noch süße kleine Pudel und der süßeste Pudel tingelt von Talkshow zu Talkshow. Aber auf dieses Talkshow-Gequatsche hört sowieso niemand.
Das ist keine Spaltung, das ist Diversity of Tactics. Es ist total notwendig, verschiedene Aktionsformen und unterschiedliche Ansätze für Protest und Widerstand zu haben. Sich öffentlich davon zu distanzieren spaltet die Bewegeung, indem sie in “gute” und “schlechte” Aktivistis aufgeteilt wird. Das macht Repressionen auf die eine Seite leichter und ermöglicht es, die moderate Seite durch unzureichende Zugeständnisse ruhig zu stellen. Klassisches Divide and Conquer, und da ist noch nichtmal ne Spaltung von außen notwendig, wenn die Klimagerechtikeitsbewegung sich selbst spaltet.
Aus Full Spectrum Resistance Volume 1.
Ok, danke für den Zusammenhang. Hatte gedacht, dass die zusammenarbeiten. Gut, dann ist das nicht so. Trotzdem halte ich die Aktionen der LG in vielen Fällen für sinnvoll.
Es ist nicht nur eine Frage der Macht. Selbst angenommen, dass die Polizei einen guten Querschnitt durch die Bevölkerung bilden würde und nicht überdurchschnittlich konservativ wäre - die Mehrheit der Bevölkerung ist mit dem derzeitigen Tempo im Klimaschutz zufrieden und will keine wesentlich schärferen Maßnahmen, erst recht nicht, wenn diese für einen selbst Einschränkungen bedeuten würden. Die Mehrheit der Polizisten hat kein Interesse daran, zur LG überzulaufen; nicht, weil sie der Staatsmacht dienen, sondern weil sie als Staatsbürger in Uniform die Forderungen der LG aus Überzeugung ablehnen.
Die LG ist nicht die lautstarke Speerspitze einer schweigenden Mehrheit, zu der dann auch viele Polizisten zählen würden. Sie ist eine Minderheit, und dabei keine von den Minderheiten, deren Interessen sich mit denen der Mitglieder des Repressionsapparates überschneiden, so dass man sich verbünden könnte, um gemeinsam den Staat zu stürzen.