Der Internationale Leichtathletikverband IAAF betrachtet den erhöhten Testosteronspiegel bei Frauen mit DSD als Problem. Obwohl Studien zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, sieht die IAAF bei Frauen mit erhöhtem Testosteronspiegel einen Leistungsvorteil. Wenn sie an Wettkämpfen mit anderen Sportlerinnen teilnehmen, sei das unfair.
Der Verband hat deshalb in den vergangenen Jahren immer wieder neue Regeln für Frauen mit DSD gemacht. Zuletzt wurden die Regeln im März deutlich verschärft. Jetzt müssen betroffene Sportlerinnen ihren Testosteronspiegel mit Medikamenten im Extremfall doppelt so stark senken wie zuvor. Außerdem sind jetzt alle Leichtathletinnen betroffen und nicht nur Läuferinnen.
Sie hätte dort [vor den anderen Gerichten] nicht die Chance gehabt, dass ihre Interessen angemessen gewürdigt werden. Die Pflicht, den Testosteronspiegel mit Medikamenten zu senken sei ein schwerwiegender Eingriff und könne diskriminierend sein. Auf der anderen Seite gebe es nur spärliche Hinweise, dass Frauen mit erhöhtem Testosteronspiegel erhebliche Vorteile über die Mittelstrecke hätten. Und die Nebenwirkungen der Testosteronsenkung könnten erheblich sein. Weil die Gerichte das alles nicht ausreichend abgewogen haben, seien die Menschenrechte von Semenya verletzt.
Ich finde das schon ziemlich schräg. Wenn es um die körpereigene Hormonproduktion geht, dann sehen es die Sportverbände als selbstverständlich an, hier Sportlerinnen auszuschließen oder schwerwiegenden medizinischen Eingriffen zu unterwerfen. Aber wenn es um Sachen wie Körpergröße, Länge der Beine, Größe der Brüste etc. geht, wird selbstverständlich weder Begrenzung noch Mindestmaß festgelegt, obwohl diese unbestreitbar die Leistungsfähigkeit bestimmen.
Hier wird analog zu der Frage nach Transsportlerinnen v.a. darauf abgestellt, definieren zu wollen, wann eine Frau “Frau genug” ist. Um eine nüchterne Betrachtung von Vorteilen, wie sie etwa beim Boxen durch Gewichtsklassen geregelt ist, geht es anscheinend nicht.